Author Topic: "Das ist schon eine harte Zumutung"  (Read 94 times)

Ben

  • Full Member
  • ***
  • Posts: 108
    • View Profile
"Das ist schon eine harte Zumutung"
« on: June 11, 2012, 07:24:42 am »
11.6.2012
Katholische Kirche lehnt Kirchenumwandlung in muslimisches Gotteshaus ab
"Das ist schon eine harte Zumutung"

Zum ersten Mal wurde in Deutschland eine christliche Kirche in muslimisches Gotteshaus umgewandelt. Für den Hamburger Weihbischof Jaschke geht das zu weit. Im domradio.de-Interview erklärt der für den interreligiösen Dialog zuständige Bischof, warum.
Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (© kna )

domradio.de: Wie bewerten Sie das, was jetzt in Mönchengladbach geschehen ist: Ein christliches Gotteshaus wird in ein muslimisches umgewandelt?
Weihbischof Hans-Jochen Jaschke: Schon vor Tagen war darüber zu lesen. Und schon da habe ich gestutzt - und gedacht: Das geht mir zu weit. Und auch bei weiterem Nachdenken muss ich sagen: Christen pflegen ein freundschaftliches Verhältnis zu anderen Religionen. Aber dennoch dürfen wir grundsätzliche Verschiedenheiten nicht aus den Augen verlieren. Deshalb halte ich eine solche Umwandlung für falsch.

domradio.de: Das Gebäude wurde an eine alevitische Gemeinde übergeben, eine liberale Glaubensrichtung der Muslime. Ist das dann nicht etwas anderes?
Jaschke: Es sind Muslime. Ich kenne Aleviten, kenne ihre Gemeinden hier in Hamburg. Das sind wirklich sehr anerkennenswerte und liebenswürdige Leute, die etwa in der Türkei viel Druck auszuhalten haben. Das ist aber eine ganz andere Frage. Es sind Muslime, und jetzt wird nach Christus ich in einer Kirche der Prophet Mohammed angebetet. Das ist schon eine harte Zumutung, das würden wir als katholische Christen mit Sicherheit nicht akzeptieren können. Eine Notsituation ist etwas anderes: Wenn beispielsweise ein Raum abbrennt, kann man alles machen. Aber hier geht es um eine Aufgabe einer christlichen Kirche und eine Umwidmung.

domradio.de: Warum gibt es den Konsens christlicher Kirchen, ihre Gotteshäuser nicht zu muslimischen umwandeln zu lassen?
Jaschke: Wir wollen die Religionen nicht vermischen. Christen haben nun mal den hohen Anspruch, dass sie sagen: Jesus Christus ist der Mittler zu Gott hin und das für alle Menschen; jeder Mensch hat irgendeine Beziehung, auch wenn er sie nicht immer so realisiert. Und von daher können wir Christus nicht einfach einreihen in die Reihe religiöser Führer, ob das Buddha oder Mohammed ist. Bei allem Respekt vor ihnen! Wir müssen schon unsere eigene christliche Identität hochhalten. In aller Liebenswürdigkeit natürlich, ohne andere zu verurteilen; im Dialog mit anderen Religionen selbstverständlich. Aber nicht mit der Tendenz: Wir reihen uns ein in eine Planetenschar religiöser Führer, die um die eine Sonne Gottes herumschwirren.

domradio.de: Dennoch: Ist eine Umwidmung eines Gotteshauses von einer Religion zur anderen nicht besser, als einen Veranstaltungsraum oder Ähnliches entstehen zu lassen?
Jaschke: Auch das entspricht nicht einem katholischen Verständnis. Ich bin dann schon für einen Abriss eines Gottesdienstraumes. Dann kann Neues entstehen. Eine Disko oder moralisch Zweideutiges - das ist in einer ehemaligen Kirche unerträglich.

domradio.de: Steht hinter der Ablehnung auch die Angst vor der Symbolik einer Übernahme bei einer Umwidmung?
Jaschke: Diese Angst gibt es in Deutschland, in bestimmten Kreisen der Bevölkerung. Vor einer möglichen Überfremdung durch Muslime. In bestimmten Regionen im Mittelmeerraum wird diese Angst ja auch bestätigt. Aber hier geht es vor allen Dingen um Klarheit. Wir als Christen müssen sagen: Bei aller Liebenswürdigkeit, bei aller Einigkeit in der Sorge um Frieden und den Kern des Religiösen haben Christen und Muslime grundlegende Unterschiede. Und das können wir nicht verwischen, indem wir sagen: Wir lösen uns in einem Gotteshaus nacheinander ab.

domradio.de: Ist durch diesen Einzelfall der Konsens der christlichen Kirchen aufgekündigt?
Jaschke: Es gibt ja keine Richtlinie im strengen Sinn. So eine Art Konsens schon: die christliche Grundgewissheit, dass Jesus Christus der Herr und der Einzige ist. Das müssen wir Christen auch immer wieder in aller Demut und Entschiedenheit hochhalten. Ich glaube nicht, dass ein solcher Konsens durch diesen Fall jetzt gestört wird. Wir sollen das vielleicht auch nicht an die ganz große Glocke hängen und zu viel Aufsehen darum machen.

Das Gespräch führte Christian Schlegel.

Hintergrund: Zum ersten Mal ist in Deutschland laut einem Zeitungsbericht eine Kirche in ein alevitisches Gotteshaus umgewandelt worden. Die evangelisch-methodistische Gemeinde in Mönchengladbach habe bereits am 2. Juni eine ihrer Kirchen an die ortsansässige alevitische Gemeinschaft übergeben, berichtete die in Berlin erscheinende Tageszeitung "Die Welt" am Samstag (09.06.2012). Bisher vertraten alle christlichen Konfessionen in Deutschland die Linie vertreten, dass Kirchen gegebenenfalls in Synagogen, nicht aber in islamische Gotteshäuser umgewandelt werden dürfen. Der emeritierte Methodistenbischof Walter Klaiber sagte laut dem Bericht in Mönchengladbach, er wisse um die Sorgen mancher Alteingesessener, dass die Christen marginalisiert werden könnten. Er glaube aber, dass die Christen "unter den neuen wachsenden Glaubensgemeinschaften vertrauenswürdige Gleichgesinnte" finden könnten. Die Aleviten sind eine Glaubensgemeinschaft, die sich im 13. und 14. Jahrhundert in Anatolien aus dem schiitischen Zweig des Islam entwickelt hat. Vom Mehrheitsislam unterscheiden sie sich unter anderem durch die Ablehnung der rituelle Gottesverehrung sowie der Vorschriften der Scharia und der "fünf Säulen des Islam" - etwa der täglichen Pflichtgebete oder des Fastens im Ramadan.

http://www.domradio.de/aktuell/82340/das-ist-schon-eine-harte-zumutung.html

Share on Facebook Share on Twitter