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Ben

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"Wir sind eine friedliche Reformgemeinde"
« on: June 18, 2012, 07:42:57 am »
Imran Zaka im Interview "Wir sind eine friedliche Reformgemeinde"

Die islamische Ahmadiyya-Gemeinschaft möchte in Nürnberg eine Moschee mit kleinem Minarett errichten. Einige Anwohner sind skeptisch. BR.de spracht mit Imran Zaka von der Nürnberger Ahmadiyya-Gemeinschaft.
Stand: 18.06.2012

BR.de: Die Ahmadiyya-Gemeinschaft plant in Nürnberg, eine Moschee neu zu bauen. Auch ein kleines Minarett ist dabei geplant. Viele Leute protestieren heftig. Sie haben Angst vor einer Vorherrschaft des Islam. Können Sie diese Ängste verstehen?

Imran Zaka: Ich kann das insofern verstehen, dass man viel Unangenehmes über Muslime in den Medien hört. Manche Muslime und muslimische Gruppierungen üben im Namen des Islam Gewalt aus, was aber nichts mit dem Islam zu tun hat, den der Gründer und Prophet Muhammad lehrte und den wir auf Grundlage dieser Lehre vertreten. Doch das ist den Menschen oftmals nicht bewusst. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Gemeinde stets sehr positiv aufgenommen wurde, wenn die Nachbarn und Bürger Erfahrungen mit uns machen und erste Berührungen mit uns haben.

BR.de: Was hat die Ahmadiyya-Gemeinschaft mit Salafisten zu tun?

Imran Zaka: Gar nichts. Wir können viele Ansichten dieser Gruppierung nicht vertreten. Wir lehnen die Haltung der Salafisten etwa in den Fragen der Gewaltanwendung, Menschenrechte, Grundgesetz oder beim Verhältnis von Mann und Frau ab.

BR.de: Die Ahmadiyya-Gemeinschaft gilt innerhalb des Islam als Außenseiter. Wie beschreiben Sie Ihre Gruppierung?

Imran Zaka: Die Gemeinde und ihre Mitglieder werden in manchen Ländern sogar verfolgt. Wir sind eine friedliche Reformgemeinde innerhalb des Islams, die 1889 in Indien von unserem Gründer Mirza Ghulam Ahmad ins Leben gerufen wurde, der die Ansichten der Muslime im 20. Jahrhundert von den Verkrustungen befreien sollte. Unser Glaube stützt sich auf die Grundlehren des Propheten Mohammed, die im Kern friedlich und selbst vereinbar mit dem Grundgesetz sind, jedoch leider durch menschliches Versagen missbraucht werden. Die Anhänger der Ahmadiyya-Gemeinschaft sind mittlerweile in rund 200 Ländern der Welt vertreten.

BR.de: Wodurch unterscheiden sie sich von anderen Muslimen?

Imran Zaka: Die meisten Muslime sind der Ansicht, dass der Prophet Mohammed der letzte Prophet gewesen ist. Wir glauben im Lichte des Korans und der Überlieferungen des Propheten daran, dass er zwar der letzte gesetzgebende Prophet war, doch dass nach ihm eben weitere Propheten folgen können. Einer von ihnen ist unser Gemeindegründer Mirza Ghulam Ahmad. Wir sehen es so, dass dessen Erscheinen als Messias und Mahdi vom Propheten Muhammad selbst vorausgesagt wurde. Mohammed prophezeite eine Zeit, in der vom Islam nicht mehr als sein Name übrig sein würde und Muslime - allen voran ihre Gelehrten - fehlgeleitet sein würden.

BR.de: Nürnberger Stadträte und Anwohner haben kritisiert, zu spät über Ihre Baupläne informiert worden zu sein. Vor einem Jahr ging der Bauantrag ja schon durch die Stadtverwaltung und wurde genehmigt. Es ist die Aufgabe des Bauherren, zu informieren. Warum tun sie das erst jetzt?

Imran Zaka: Wir haben zu gewissen Zeiten die relevanten Akteure informiert. Das Nürnberger Moschee-Projekt musste auch in unserer Gemeinde intern erst einen Prozess durchlaufen. Sie können sicher verstehen, dass solange baurechtliche Rahmenbedingungen und mögliche Pläne nicht zugehörige Instanzen durchlaufen sind, eine voreilige Verbreitung wenig Sinn macht und kein konkrete Gesprächsgrundlage für eine Diskussion bietet. Wir haben bereits vor zwei Jahren das Grundstück gekauft und mussten diese Schritte abwarten  Im Moment gehen wir mehr und mehr an die Öffentlichkeit, weil die Zeit reif ist und weil es auch mehrfach gefordert wurde.

BR.de: Zum ersten Mal wird in Nürnberg ein Minarett gebaut. Besonders das erhitzt die Gemüter. Warum ist Ihnen dieser Turm wichtig?

Imran Zaka: 12,90 Meter ist nicht besonders hoch, aber das Minarett hat eine symbolische Wirkung. Die Moschee soll als solche erkannt werden und nach außen so sichtbar sein. Das Minarett ist aber nicht begehbar und ab dem ersten Stock nach oben hin zu. Es ist auch nicht geplant, dass aus dem Minarett heraus jemals irgendein Muezzin rufen wird.

BR.de: Etliche Nachbarn haben ihren deutlichen Unmut geäußert. Viele von ihnen stammen aus Russland und der Ukraine. Sie haben Angst, dass ihre Kinder schlechten Einflüssen ausgesetzt sind durch eine Moschee in der Nachbarschaft.

Imran Zaka: Erstmal fanden wir sehr positiv, dass einige Nachbarn zum Gespräch gekommen sind - auch wenn es leider nur sehr wenige waren. Wir respektieren auch, dass einige vorzeitig aus der Veranstaltung raus gegangen sind und dadurch ihren Unmut geäußert haben. Wir finden, dass es ein erster Schritt war, die Ängste und Vorbehalte zu hören. Andererseits erwarten wir auch, dass man unsere Meinung und unsere Antworten auf die Ängste und Vorwürfe anhört. Und sich dann erst ein Bild macht. Wir kennen diese Ängste von allen anderen Moschee-Projekten, das waren bisher etwa 30 in Deutschland. Wir haben gesehen, dass sich viele Ängste von selbst aufgelöst haben, wenn die Moschee steht und der eine oder andere vielleicht selbst mal drin war und uns am Tag der offenen Tür besucht hat. Unsere Moschee wird an 365 Tagen im Jahr offen sein und da gibt es viele Gelegenheiten für Nachbarn, mal vorbei zu schauen.

BR.de: Bei Muslimen denken die meisten hierzulande zunächst an Türken. Woher stammen die Mitglieder der Ahmadiyya-Gemeinschaft?

Imran Zaka: Die meisten stammen aus Pakistan, einige aus Indien. Wir sind als Muslime dort nicht anerkannt, es gibt einen Beschluss, dass die Achmadiyya nicht zum Kreise des Islam gehört. Unsere Moscheen werden nicht als Moscheen anerkannt und zum Teil angegriffen. Deswegen sind auch einige als politische Flüchtlinge hier in Deutschland. Wir stehen zu unserem Land hier in Deutschland. 80 Prozent unserer Mitglieder haben inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Islam lehrt, dass man sich zu dem Land bekennt, in dem lebt. Auch dass man die Gesetze und den rechtlichen Rahmen des Landes respektiert. Das tun wir definitiv. Wir sehen unsere Zukunft in Deutschland. Unseren Beitrag für die Stadt leisten wir durch Mitwirkung an verschiedenen Kreisen mit Muslimen und Nichtmuslimen, wir sind aktiv beim Bund Naturschutz eingebunden, leisten Obdachlosenhilfe, Altenheimbesuche, und räumen seit über 11 Jahren nach Silvesternacht die Überreste der Silvesterkracher weg.

Das Interview führte Ulrike Lefherz

Zur Person: Imran Zaka
Imran Zaka, 30 Jahre alt, ist Wirtschaftsingenieur und arbeitet in der Wirtschaftsprüfung. Er ist tätig im Vorstand der Jugendorganisation der Ahmadiyya Muslim Jamaat. Er ist in Hessen aufgewachsen, lebt in Nürnberg, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

http://www.br.de/franken/inhalt/aktuelles-aus-franken/ahmadiyya-interview-imran-zaka100.html

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