Author Topic: Neukoelln ist ueberall  (Read 4585 times)

KarlMartell

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Re: Neukoelln ist ueberall
« on: November 04, 2012, 09:01:43 am »
Nun sind 5 % der Bevölkerung (ohne die Aleviten fast nur 4 %) ohne Frage eine klare
Minderheit. In diesem Fall aber eine sehr aktive, manchmal auch recht aggressive. Mir gehen die Fragen, wie ich zum Islam stehe, was ich von ihm halte und ob ich finde, dass er kompatibel mit unserer Gesellschaftsordnung ist, inzwischen auf die Nerven. Ich habe gar keine Lust, mich andauernd über Religion zu unterhalten oder mir eine solche Unterhaltung aufzwingen zu lassen. Ich diskutiere auch nicht jeden zweiten oder dritten Tag über den Katholizismus, das Judentum, den Buddhismus oder Hinduismus. Religion ist bei uns Privatsache. Wer mit welchem Gott wie seinen Frieden findet, ist für mich ohne Belang. Jedenfalls so lange, wie er nicht den Anspruch erhebt, dass ich seinen Gott auch toll zu finden habe. Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass die Religion über den Normen der Gesellschaft steht, sie die Definition der Freiheit ist oder sie gar die Normen oktroyiert, sondern heißt, dass jeder die Religion, die für ihn das Heil bedeutet, ohne Angst vor staatlicher Repression oder Einmischung ausüben kann. Religionsfreiheit heißt auch, frei von Religion leben zu können.
Aus meiner Sicht entwickeln sich die Diskussionen und Konfliktsituationen immer dann, wenn mit der Religion weltliche Bezüge hergestellt und daraus zwanghafte normative Verhaltensweisen abgeleitet werden sollen. Ich meine die hinlänglich bekannten Auseinandersetzungen in der Schule, im Kindergarten, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Raum. Da gelangt eine Religion, die den Anspruch erhebt, spirituelle und weltliche Instanz zugleich zu sein, schnell an ihre Grenzen. Ehrlich gesagt, berühren mich die islamischen Glaubensriten genauso nur am Rande wie die der recht starken Hindugemeinde in Neukölln oder die der katholischen Kirche. Das hat nichts mit mangelndem Respekt zu tun, sondern ist lediglich Ausdruck einer persönlichen Distanz. Ich mag weder Halbmonde noch Kreuze in Schulen und Rathäusern.
In Neukölln bieten sich etwa 20 Moscheen den Muslimen zur Religionsverrichtung an. Mal sind es mehr, mal sind es weniger. Über die Eröffnung oder Schließung einer Moschee erfahren wir meist erst aus der Nachbarschaft. Immer dann, wenn sich eine leerstehende Fabriketage plötzlich zu bestimmten Zeiten meist mit Männern füllt, freitagnachmittags die Parkplätze in den umliegenden Straßen knapp werden oder auch Männer mit Kopfbedeckungen, langen Bärten sowie orientalischer Bekleidung ein- und ausgehen. Im Regelfall vollziehen sich derartige Dinge unspektakulär. Entscheidend für die Lang- oder Kurzlebigkeit ist, ob es dem Vereinsvorstand oder Imam gelingt, genügend Gläubige an sich zu binden, um das für das Überleben erforderliche Spendenaufkommen zu sichern. Anders als bei den christlichen Kirchen gibt es kein übergeordnetes Finanzierungssystem. Nur sehr wenige Moscheen legen offen, ob sie aus dem Ausland, etwa Saudi-Arabien, finanzielle Unterstützung erhalten. Außer zur Şehitlik-Moschee, die zur (staatlichen) Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) gehört, haben wir kaum regelmäßige Kontakte zu den Moscheevereinen. Sie sind auch nicht gewünscht. Wir fragen zuviel!
Die Struktur unserer Moscheen ist so heterogen wie die islamische Lehre. Die Hauptströmungen Sunniten, Schiiten und Aleviten machen durchaus das Gros aus, wobei wir aber keine genaue Datenlage darüber haben, wie stark die Anhängerschaften der einzelnen Moscheen oder insbesondere der Glaubensrichtungen des Salafismus und des Wahhabismus, also der extremsten islamischen Strömungen, tatsächlich sind. Es muss doch stutzig machen, wenn die Berliner Chefin des Verfassungsschutzes erklärt, nach ihren Erkenntnissen gebe es in der Stadt etwa 300 bis 500 Salafisten. Diese Glaubensrichtung betreibt zwei Moscheen, eine davon in Neukölln. Und schon diese eine hat einen Gebetssaal für 1500 Gläubige, und beim Freitagsgebet stehen mitunter noch ein paar Hundert auf der Straße.
Wir haben auch nur verschwommenes und rudimentäres Wissen darüber, was sich in den einzelnen Moscheen praktisch vollzieht. Wird in allen Moscheen tatsächlich nur der Glaube praktiziert, oder verfolgt man islamistische Ziele, also die des politischen Islam? Werden junge Leute angeworben, um ihnen Halt zu geben und ihre Persönlichkeit zu festigen, oder eher, um sie mit der Bestimmung zum Mujahid – also zum Gotteskrieger – vereinnahmend bekannt werden zu lassen? Was passiert tagtäglich mit Kindern ab vier Jahren in den Koranschulen? Das sind Fragen,
die man sich stellen kann, die die deutsche Gesellschaft aus meiner Sicht auch stellen muss, aber es nicht tut. Vielleicht, weil wir wissen, dass wir sowieso keine vernünftige Antwort kriegen.
Einen Überblick haben wir darüber, welcher grundsätzlichen Glaubensschule sich die einzelnen Moscheevereine zugehörig fühlen. Ob sie Anlaufstellen der Hisbollah oder Hamas sind, ob sie der Moslembruderschaft oder Millî Görüş nahestehen und wer mit wem vernetzt ist. In Neukölln werden regelmäßig elf Moscheevereine durch den Verfassungsschutz beobachtet. Es stößt uns schon auf, wenn sich ein Verein aus etwa 40 nicht gerade begüterten Menschen gründet, aber kurze Zeit darauf ein Gemeindezentrum für 10 bis 15 Millionen Euro bauen möchte. Auch da sind kritische Nachfragen unerwünscht und führen sofort zu Beschützerverhalten einschlägiger politischer Kreise oder Organisationen. Christliche Gemeinden und Hochschulen sind hiervon ebenfalls nicht ausgenommen, wie das jüngste Beispiel eines in Neukölln gegründeten neuen Bürgerbündnisses gezeigt hat. Die stereotype Antwort auf den Hinweis, dass einige der Mitglieder unter der Beobachtung der Verfassungsschützer stehen, lautete: »Ja, das wissen wir, aber man muss die Liberalen in diesen Organisationen stärken.« Oder die renommierte Stiftung, die bei einem Projekt mit Moscheen zusammenarbeitet, die als Anlaufpunkte der Hisbollah, Hamas und Salafisten gelten. Hier wurden unsere Bedenken quittiert mit der Bemerkung: »Wertvorstellungen unserer Partner messen wir keine Bedeutung zu.« Da es für uns Grundvoraussetzung jeglicher Zusammenarbeit ist, dass sich Partner der demokratischen Werteordnung verpflichtet fühlen, haben wir natürlich um Verständnis gebeten, dass wir das Projekt den Neuköllner Schulen nicht empfehlen können.
Aber es ist manchmal schon nahezu absurd, welche Organisationen sich bereitwillig als Unterschlupf und seriöser Deckmantel missbrauchen lassen. Die Folge davon ist eine völlig schiefe Diskussionsebene. Man befindet sich urplötzlich im Konflikt mit jemandem, mit dem man eigentlich gar nicht im Unfrieden ist. Und es entsteht vor allem eine fast unangreifbare Position für einen zweifelhaften Verein. Es mag mitunter bei den Einzelnen Naivität und/oder Gutmenschentum die Ursache sein, bei den Frontleuten ist es Kalkül. Wer mehrere Hundert johlende Menschen aus zum Teil obskuren Gruppierungen mit Sympathie für Hamas, Hisbollah, Salafiten und Millî Görüş für das Idealbild der Zukunft Neuköllns hält, hat ein anderes Weltbild als ich. Mich stoßen derartige Rituale ab. Wer die toleranzzersetzende Wirkung des Fundamentalismus nicht erkennt oder erkennen will, der wird schon allein dadurch zum Helfershelfer.
Insbesondere auf junge Leute üben orthodoxe Religionsauslegungen eine starke Anziehungskraft aus. Sie helfen vielen Gescheiterten, die sich benachteiligt, diskriminiert und ausgegrenzt fühlen, ihre Perspektivlosigkeit zu kompensieren. An ihrer Situation muss jemand schuld sein. Da sie selbst es aus ihrer Sicht nicht sein können, liegt der Fall klar: die deutsche Gesellschaft. Oder im Straßenjargon: die Scheißdeutschen. Für diese Frustrierten stiften die Religion und insbesondere der kompromisslose und fundamentalistische Glaube eine neue Identität. Das stärkt das Bewusstsein und das Selbstwertgefühl. Ich bin anders, ich bin besser, ich lebe ein höheres, gottgefälligeres Leben als die Ungläubigen. Natürlich werden diese Gefühle von dogmatischen Religionslehrern oder Imamen geweckt und gestärkt.
Über Anwerbetechniken, Unterrichtskreise in Privatwohnungen und den Betrieb von Koranschulen ist nicht viel bekannt, wir sind auf Vermutungen und juristisch nicht belastbare Informationen angewiesen. Wir schätzen, dass es etwa 1000 Koranschulplätze mit unterschiedlicher Lehrausrichtung in Neukölln gibt. Es ist nicht auszuschließen, dass in und durch die Koranschulen die Anhängerschaft orthodoxer Religionsauslegungen, die im Widerspruch zu unserer Gesellschaftsordnung stehen, weiteren Zulauf erhält. Darüber hinaus erteilt die Islamische Föderation als Tochterunternehmen von Millî Görüş in Neukölln in fünf staatlichen Schulen Religionsunterricht. Die alevitische Gemeinde, ein Beispiel für liberales Glaubensleben, ist an zwei Schulen in Neukölln tätig.
Ich begrüße das Engagement der Aleviten in Neukölln außerordentlich. Seit vielen Jahren
habe ich mit Bedauern registriert, dass sich die alevitische Gemeinde in Neukölln nur zurückhaltend repräsentiert. An dieser Stelle räume ich einmal Neidgefühl gegenüber dem Stadtteil Kreuzberg ein, und zwar insofern, als eine die Aleviten dort ein sogenanntes Cem-Haus (eine Begegnungsstätte) unterhalten und in Neukölln nicht. Das soll sich ändern. Seit etwa einem Jahr haben sich die Kontakte gefestigt, und die Aleviten sind dabei, eine entsprechende Liegenschaft für ein Cem-Haus in Neukölln zu finden.
Es ist sicher überzogen zu erwarten, dass jeder Mann und jede Frau die Feinheiten unterschiedlicher Glaubensrichtungen in sein Wissen aufgenommen hat. Deshalb an dieser Stelle einige wenige Basics, die sich spielend bei Wikipedia erweitern lassen.
Der Islam wird geprägt von zwei bestimmenden Glaubensrichtungen. Der sunnitischen und der schiitischen. Die sunnitische Lesart versammelt etwa 85 % aller Moslems unter ihrem Dach, die schiitische demnach etwa 15 %. Um die Frage, wer den wahren Islam vertritt, gibt es seit ewigen Zeiten schwere und auch blutige Auseinandersetzungen. Heute noch ist der Kampf um die Deutungshoheit im Islam Auslöser und Hintergrund vieler Attentate. Er musste sogar als Begründung für den 8-jährigen Krieg zwischen dem schiitischen Iran und dem sunnitischen Irak herhalten, obwohl es dabei wohl mehr um geostrategische Ziele ging.
Zwischen diesen Hauptströmungen gibt es weitere, zahlenmäßig nicht so bedeutsame Absplitterungen. Meist eher konservativer Art. Eine Sonderstellung nimmt das Alevitentum ein. Der Ursprung dieser Glaubensrichtung ist umstritten. Es gibt Lehren, die belegen wollen, dass das Alevitentum bereits vor der Schöpfung des Islam entstanden ist, während andere es für eine Weiterentwicklung auf der Basis des Schiitentums halten. In Deutschland handelt es sich vorrangig um das anatolische Alevitentum – eine synkretistische Religion aus schiitischen, alttürkischen und mystischen Elementen.
Fest steht jedoch, dass die alevitische Glaubens- und Lebensethik eine völlig andere als die des klassischen Islam ist. Die Aleviten beziehen sich in ihrer Spiritualität zwar auf den Koran, lehnen seinen rechtsprägenden, bis in das tägliche Leben alles beherrschenden und allumfassend bestimmenden Anspruch jedoch ab. Orthodoxie ist ihnen völlig wesensfremd und findet keinen Eingang in die alevitische Lehre. Im Zentrum des Glaubens steht der Mensch als Individuum. Es gibt keinen Unterschied in der Wertigkeit der Geschlechter, Gewalt nach außen und innerhalb der Familie wird abgelehnt. Bildung gilt als erstrebenswert, und jeder Alevit ist verpflichtet, sie zu erwerben.
Das Alevitentum trägt starke humanistische Züge. Es gibt keine Kirchen und Moscheen im üblichen Sinne und keine unabdingbaren Gebets- und Verhaltensrituale. Aus der Sicht orthodoxer Moslems handelt es sich bei Aleviten auch nicht um Moslems und Gläubige des Islam, und deshalb müssten sie aus dem Hause des Islam vertrieben werden. Vor den AKP-Zeiten in der Türkei hieß es in der sonstigen islamischen Welt auch immer, dass die Türkei vom Laizismus der Kemalisten wie wohl auch vom Liberalismus der Aleviten befreit werden müsse.
Die Aleviten haben in den vergangenen Jahrhunderten in ihrem Stammland der Türkei Verfolgung und Unterdrückung erleiden müssen. Ihr historischer Kern liegt in Anatolien. Dort wurden sie enteignet, ermordet oder vertrieben. Heute gilt Izmir als das religiöse und intellektuelle Zentrum der Aleviten in der Türkei. Ihr Anteil an der türkischen Bevölkerung wird auf 20 % geschätzt. Immer wieder wird berichtet, dass bis heute bekennende Aleviten diskriminiert und unter fadenscheinigen Gründen ihrer Ämter (sofern sie welche innehaben, und sei es auch nur die Leitung einer Schule) enthoben werden. Aus diesem Grunde ist es zumindest in der Türkei ausgesprochen unüblich, dass Aleviten ihren Glauben öffentlich zu Markte tragen.
Dieses wenn auch rudimentäre Wissen über Strömungen innerhalb des Islam ist für die Beurteilung der Muslime in Deutschland nicht ohne Belang. Die alevitische Gemeinde bezeichnet sich mit rund 600 000 bis 700 000 Angehörigen in Deutschland als die zweitgrößte muslimische Vereinigung nach den Sunniten. Alle anderen Glaubensrichtungen rangieren deutlich unter ihnen.
Deshalb ist es aus meiner Sicht fahrlässig und wenig hilfreich, in Schriften oder Debatten von »den Muslimen« zu schreiben bzw. zu reden. Die Aleviten sind in ganz vielen Fällen unsere verlässlichsten und engagiertesten Partner im Integrationsprozess. Sie stets unter dem Sammelbegriff »die Muslime« zu subsumieren und damit gleichermaßen mitverantwortlich für Fehlentwicklungen zu machen, die aus den fundamentalistischen Glaubensrichtungen begründbar sind, führt jedoch immer wieder zur Verbitterung und Enttäuschung bei den Aleviten über diese Nichtwürdigung ihrer Leistung. Zumal man sie damit auch noch auf eine Stufe mit ihren Peinigern in der Türkei stellt. Thilo Sarrazin macht in seinem Buch diesen kapitalen Fehler ebenfalls.
Es ist schon eine starke Vereinfachung, wenn ich versuche, Menschen, die sich noch nie mit dieser Thematik beschäftigt haben, den Unterschied mit den Worten: »Das sind in etwa die Protestanten des Islam« zu erläutern. Offener, liberaler, lebensbejahend, tolerant und demokratiefähig. Gerade die letzte Eigenschaft ist die, die dem orthodoxen Islam bisher abgesprochen werden muss. Der Glaube an die Untrennbarkeit von Religion, Staat und Gesellschaft und die Reduzierung der Bedeutung des Einzelnen, der nur als ein Teil der Umma, der Gemeinschaft aller Muslime, eine Existenzberechtigung genießt, sind mit dem Grundprinzip eines demokratisch verfassten Staates, seiner Gewaltenteilung und der Unangreifbarkeit der Würde des Individuums nicht vereinbar. Mindestens an dieser Stelle hat der Islam seine Aufklärung und seine Reformation noch vor sich. Hinter dem immer wieder gebrauchten Begriff des »Euro-Islam« verbergen sich genau diese Erwartungen. Nach meinem Dafürhalten wird diese Entwicklung jedoch noch ein bisschen auf sich warten lassen. Die Rückkehr der Türkei zu eher konservativen Glaubenssichten und die Ablösung von Diktaturen durch zum Beispiel die konservative Moslembruderschaft in Ägypten deuten für mich nicht darauf hin, dass in dieser Region der Welt ein demokratischer Schnellzug Fahrt aufnimmt.
Die Betrachtung der weltweiten Entwicklung des Islam ist sicher wichtig, für die Bewältigung unseres Alltags und die Steuerung des Integrationsprozesses aber nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Hier müssen wir uns eher damit auseinandersetzen, wie weit wir den Ausbau von Brückenköpfen fundamentalistischer, ja teilweise fanatischer Glaubensrichtungen unter dem Schutzschirm der kulturellen Identität zulassen wollen und dürfen. Denn dass der Fundamentalismus zweifelsohne nicht nur in Neukölln, sondern berlinweit an Land gewinnt, hat sich nicht zuletzt 2012 bei der Neuwahl des Berliner Landesbeirats für Integrations- und Migrationsfragen gezeigt. Dabei haben sich einige strenggläubige konservative Migrantenorganisationen und Moscheevereine durchgesetzt. Die bislang im Beirat vertretenen nichtreligiösen liberalen Kräfte wurden bis auf eine Ausnahme abserviert. Hinter vorgehaltener Hand wird sogar von Manipulation und Mauschelei geredet.
Der Versuch gesellschaftlicher Landnahme durch Vitalisierung der Dogmen insbesondere im schulischen Alltag erfordert von unseren Schulleitungen enorme Aufmerksamkeit und eine nicht erlahmende Konfliktbereitschaft. Die Streitpunkte sind immer wieder der Biologie- und der Turnunterricht, das Schwimmen, Klassenfahrten, das Tragen von Kopftüchern bei vorpubertären Mädchen (unabhängig davon, wie man zum Kopftuch überhaupt steht). Es geht so weit, dass Erziehungs- und Lehrkräfte keine mit Schweinefleischprodukten belegten Pausenbrote in der Schule oder der Kita essen sollen. Denn wenn sie das tun und sich nicht die Hände waschen, sind sie unrein und beschmutzen beim Anfassen die Kinder. Dass sich kaum noch eine Cafeteria traut, neben schweinefleischfreien auch schweinefleischhaltige Produkte anzubieten, kann da nicht mehr verwundern. Eine Cafeteria, in der Schweinefleischprodukte verarbeitet oder angeboten werden, ist eben nicht halal, sondern haram. Im Extremfall überwachen »Religionswächter« (ältere, körperlich überzeugende Schüler) an der Tür, wer was kauft und isst. Natürlich mit den entsprechenden »beratenden« Hinweisen.