Author Topic: Oriana Fallaci: Die Wut und der Stolz  (Read 2394 times)

KarlMartell

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Re: Oriana Fallaci: Die Wut und der Stolz
« on: September 19, 2012, 03:15:20 pm »
klärte ihm, es handele sich freilich nicht um einen Roman
und noch weniger um eine Reportage und auch nicht
um einen Essay oder Erinnerungen oder ein Pamphlet.
Dann dachte ich noch einmal darüber nach. Ich rief ihn
zurück und sagte: »Call it a sermon, nennen Sie es eine
Predigt.« (Das ist das richtige Wort, glaube ich, denn in
Wirklichkeit ist dieses kleine Buch eine Predigt an die
Italiener und alle anderen Europäer. Es sollte ein Brief
über den Krieg werden, den die Söhne Allahs dem Westen
erklärt haben, doch während ich schrieb, ist es nach
und nach eine Predigt an die Italiener und alle anderen
Europäer geworden.) Heute früh hat Professor Gotlieb
mich erneut angerufen und gefragt: »How do you expect
the Italians, the Europeans, to take it, wie werden es die
Italiener, die Europäer aufnehmen?«
»I don’t know, ich weiß es nicht«, habe ich geantwortet.
»Eine Predigt beurteilt man nach dem, was sie bewirkt,
nicht nach dem Beifall oder den Pfi ff en, die sie hervorruft
. Und es wird etwas Zeit brauchen, bis man die Resultate
sieht: Man kann nicht erwarten, nur mit einem
kleinen Buch, das in zwei oder drei Wochen aus einem
herausgebrochen ist, plötzlich ein Land aufzuwecken, das
schläft . »Th us I don’t know, Professor Gotlieb, ich weiß
es nicht, I really don’t know …«
Immerhin weiß ich, dass sich von der Zeitung, als der
Artikel darin erschien, in vier Stunden eine Million Exemplare
verkauft haben. Ich weiß, dass sich rührende
Begebenheiten ereigneten. In Rom zum Beispiel kaufte
ein Herr alle Exemplare, die beim Zeitungshändler
vorrätig waren (sechsunddreißig Stück), und verteilte sie
auf der Straße an die Passanten. In Mailand machte eine
Signora Dutzende von Kopien und verteilte sie ebenso.
Ich weiß auch, dass Tausende von Italienern an den Herausgeber
schrieben, um mir zu danken. (Und ich danke
ihnen, ebenso wie dem Herrn aus Rom und der Signora
aus Mailand.) Ich weiß, dass die Telefonzentrale
und der elektronische Briefk asten der Zeitung drei Tage
lang überlastet waren. Ich weiß, dass nur eine Minderheit
der Leser nicht mit mir übereinstimmte, dass dies
aus der Auswahl von Leserbriefen, die die Zeitung unter
Überschrift en wie »E l’Italia si divise nel segno di
Oriana, Und Italien spaltet sich im Zeichen von Oriana
« veröff entlichte, jedoch nicht hervorging. Tja! Wenn
das Auszählen der Stimmen keine Meinungsangelegenheit
ist und wenn die Gegenstimmen nicht mehr zählen
als die Stimmen derer, die mit mir sind, dann scheint es
mir ziemlich ungerecht zu behaupten, dass ich Italien
gespalten habe. Außerdem braucht Italien gewiss nicht
mich, um sich zu spalten, lieber Erfi nder jener Überschrift
. Italien ist mindestens seit der Zeit der Guelfen
und Ghibellinen gespalten, das steht fest. Denken Sie daran,
dass 1861, als nach der Proklamation der Einigung
Italiens achthundert Garibaldiner nach Amerika eilten,
um am Amerikanischen Bürgerkrieg teilzunehmen, sogar
sie sich in zwei Parteien spalteten. Denn nicht alle
entschieden sich dafür, an der Seite der Nordstaaten zu
kämpfen, das heißt in den Einheiten, von denen ich im
Zusammenhang mit meinem Exil gesprochen habe. Zur
Hälft e schlossen sie sich den Südstaaten an und blieben
nicht in New York, sondern in New Orleans. Anstatt den
Garibaldi Guards, also dem 39. Infanterieregiment, dessen
Parade von Lincoln abgenommen wurde, traten ungefähr
vierhundert von ihnen den Garibaldi Guards des
Italian Battalion-Louisiana Militia bei, das 1862 zum 6.
Infanterieregiment der European Brigade wurde. Auch
sie, wohlgemerkt, mit einer weißen und grünen und roten
Fahne, die Garibaldi gehört hatte und das Motto trug
»Vincere o Morire, Siegen oder Sterben«. Auch sie, wohlgemerkt,
zeichneten sich durch große Tapferkeit aus in
den Schlachten von First Bull Run, Cross Keys, North
Anna, Bristoe Station, Po River, Mine Run, Spotsylvania,
Wilderness, Cold Harbor, Strawberry Plain, Petersburg,
bis hinauf nach Appomattox. Und wissen Sie, was
1863 passierte, in der schrecklichen Schlacht von Gettysburg,
in der, Nord-und Südstaatler zusammengenommen,
vierundfünfzigtausend Soldaten ihr Leben ließen? Am 2.
Juli um halb vier Uhr nachmittags standen die dreihundertfünfundsechzig
Garibaldi Guards des 39. Infanterieregiments
unter dem Befehl des Nordstaaten-Generals
Hancock auf einmal den dreihundertsechzig Garibaldi
Guards des 6. Infanterieregiments gegenüber, das dem
Südstaaten-General Early unterstand. Erstere in blauer
Uniform, Zweitere in grauer Uniform, beide mit der weißen
und grünen und roten Fahne, die sie in Italien geschwenkt
hatten, um die Einheit Italiens zu erkämpfen,
geschmückt mit dem Motto: »Vincere o Morire, Siegen
oder Sterben«. Mit dem Ruf Schmutzige-Südstaatler die
einen und Dreckige-Nordstaatler die anderen stürzten
sie sich in einen wütenden Nahkampf um die Eroberung
des Hügels, der Cemetery Hill genannt wird, und
ermordeten sich gegenseitig. Fünfundneunzig Tote bei
den Garibaldinern des 39., sechzig bei den Garibaldinern
des 6. Infanterieregiments. Und am nächsten Tag,
bei der entscheidenden Schlacht in diesem Tal, beinahe
noch einmal so viele. Ohne den Artikel von Oriana Fallaci
gelesen zu haben, mein Lieber. Das heißt, ohne dass
ich die geringste Schuld daran trage.
Ich weiß auch, dass auf Seiten derjenigen, deren Stimme
(anscheinend) so viel mehr zählt als die derjenigen, die gegen
mich sind, ein Unglücksrabe geschrieben oder gesagt
hat: »Oriana Fallaci spielt die Mutige, weil sie mit einem
Bein im Grab steht.« (Ich antworte: O nein, mein Lieber,
keineswegs. Ich spiele nicht die Mutige: Ich bin mutig.
Im Frieden wie im Krieg. Nach rechts wie nach links. Ich
bin es immer gewesen. Und habe immer einen sehr hohen
Preis dafür bezahlt, bis hin zu physischen oder moralischen
Drohungen, Neid und Gemeinheiten. Lesen Sie
meine Texte wieder, dann werden Sie schon sehen. Was
das Bein-im-Grab angeht, naja: ich erfreue mich nicht der
allerbesten Gesundheit, wohl wahr. Doch vergessen Sie
nicht, Kranke von meiner Sorte bringen schließlich häufi
g noch andere unter die Erde. Bedenken Sie, und davon
spreche ich auch in diesem kleinen Euch, dass ich eines
Tages lebendig aus einem Leichenhaus herausgekommen
bin, in das man mich geworfen hatte, weil man glaubte,
ich sei tot … Falls mich nicht irgendein Unschuldsengel
umbringt, bevor ich ihn umbringe, wetten, dass ich dann
noch zu Ihrer Beerdigung komme?) Außerdem weiß ich,
dass das hässliche Italien, das kleinmütige Italien, das
Italien, das sich immer ans Ausland verkauft hat, das
Italien, dessentwegen ich im Exil lebe, nach der Veröffentlichung
meines Artikels ein großes Geschrei zugunsten
der Söhne Allahs veranstaltet hat. Daraufh in wurde
aus dem entzückten ein eingeschüchterter Herausgeber,
ein sehr eingeschüchterter, zur Besänft igung räumte er
den Zikaden, verleumderischen Stimmen gegen meine
mühevolle Arbeit, zu der er mich selbst ermutigt hatte,
breiten Raum in seiner Zeitung ein. Und was eine gute
Gelegenheit hätte sein können, unsere Kultur zu verteidigen,
wurde zu einem Jahrmarkt der jämmerlichen Eitelkeiten.
Einem Markt der trostlosen Exhibitionismen
und der empörenden Opportunismen. Ich-bin-auch-da.
Ich-bin-auch-da. (Unter den Ich-bin-auch-da ein Unverschämter,
der in Kambodscha begeistert über Pol Pot geschrieben
hatte.) Wie Schatten einer Vergangenheit, die
niemals vergeht, haben sie die Flagge des vorgetäuschten
Pazifi smus gehisst, ein schönes Feuer entfacht, auf dem
sie die Häretikerin verbrannten (oder gern verbrannt hätten.)
Und los ging es mit dem Ruf: »Auf den Scheiterhaufen,
auf den Scheiterhaufen! Allah Akbar, Allah Akbar!«
Und los ging es mit Beschimpfungen, Anklagen, Verurteilungen,
einer Flut von Artikeln, die (zumindest in der
Länge) dem meinen nachzueifern suchten. Jedenfalls ist
mir das berichtet worden von den Ärmsten, die sich die
Mühe gemacht haben, sie zu lesen. Ich muss nämlich gestehen,
dass ich sie nicht gelesen habe. Und auch nicht
lesen werde. Erstens, weil ich solche Reaktionen erwartet
hatte und schon im Voraus wusste, worüber die Ichbin-
auch-da ihre Tiraden anstimmen würden, sodass ich
keinerlei Neugier verspürte. Zweitens, weil ich den (zu
diesem Zeitpunkt noch begeisterten) Herausgeber am
Ende meines Artikels schon darauf hingewiesen hatte,
dass ich mich an keinerlei lächerlichen Streitereien oder
sinnlosen Polemiken beteiligen würde. Drittens, weil die
Zikaden unweigerlich Personen ohne Ideen und ohne Eigenschaft
en sind: Um sich zu produzieren, beißen sich
diese frivolen Blutsauger am Schatten dessen fest, der in
der Sonne steht, und wenn sie in der Zeitung zirpen, sind
sie tödlich langweilig. (Der ältere Bruder meines Vaters
war Bruno Fallaci. Ein großer Journalist. Er hasste die
Journalisten. Als ich für verschiedene Zeitungen arbeitete,
machte er mir immer Vorwürfe, weil ich als Journalistin
und nicht als Schrift stellerin tätig war, und er verzieh
mir erst, ah ich als Kriegsberichterstatterin anfi ng,
doch war er ein großer Journalist. Er war auch ein großer
Herausgeber von Zeitungen, von dem man wahrhaftig
viel lernen konnte, und wenn er die Grundregeln des
Journalismus erläuterte, sagte er: »Vor allem niemals den
Leser langweilen!« Die Zikaden jedoch langweilen einen
zu Tode.) Letztlich auch, weil ich ein sehr strenges und
intellektuell reiches Leben führe: Eine solche Lebensweise
lässt keinen Platz für bornierte oder frivole Botschaft en,
und um sie mir vom Leib zu halten, befolge ich den Rat
meines berühmten Landsmannes. Des Verbannten par
excellence, Dante Alighieri: »Non ti curar di lor, ma guarda
e passa. Kümmere dich nicht um sie, schau hin und
schreite vorüber.« Ich gehe sogar noch weiter: Ich schreite
vorüber und schaue nicht einmal hin.
Dennoch möchte ich mir den Spaß erlauben, einer von
diesen Zikaden zu antworten, wie dem Unglücksraben,
der mich schon mit einem Bein im Grab sieht. Einer Zikade,
deren Geschlecht und Identität mir gleichgültig sind,
von der mir jedoch hinterbracht wurde, sie habe mich,
um mein Urteil über die islamische Kultur zu entkräft en,
beschuldigt, »Tausendundeine Nacht« nicht zu kennen
und den Arabern das Verdienst absprechen zu wollen, das
Konzept der Null defi niert zu haben. O nein, mein Herr
oder meine Dame oder mein Weder das Eine Noch das
Andere: Ich interessiere mich leidenschaft lich für Mathematik,
und den Begriff der Null kenne ich gut. In meinem
Buch »Inschallah«, übrigens ein Roman, der auf der Formel
von Boltzmann aufgebaut ist (sie besagt Entropiegleich-
Boltzmannkonstante-multipliziert-mit-dem-Logarithmus-
naturalis- der-Zerstörungswahrscheinlichkeit),
lege ich sogar genau dieses Konzept der Null der
Szene zugrunde, in welcher der Sergeant Passepartout
tötet. Besser gesagt, ich lege ihr die teufl ischste Aufgabe
zugrunde, die den Studenten an der Scuola Normale, der
Eliteuniversität von Pisa, je zu diesem Konzept gestellt
wurde: »Erklären Sie, warum Eins mehr ist als Null.« (So
teufl isch, dass man sie ad absurdum führen muss.) Nun,
mein Herr oder meine Dame oder mein Weder das Eine
Noch das Andere, mit der Behauptung, dass der Begriff
der Null der arabischen Kultur zu verdanken sei, können
Sie sich nur auf den arabischen Mathematiker Muhammad
ibn Musa al-Khwārizimī beziehen, der um 810
n. Chr. in den Mittelmeerländern das Dezimalsystem
unter Einbeziehung der Null einführte. Doch Sie irren
sich. Muhammad ibn Musa al-Khwārizimī selbst erklärt
in seinem Werk, dass das Dezimalsystem unter Bezug
nahme auf die Null nicht auf seinem Mist gewachsen ist.
Dass das Konzept der Null im Jahr 628 n. Chr. von dem
indischen Mathematiker Brahmagupta (dem Verfasser
des Astronomie-Traktats »Brahma-Sphuta-Siddhanta«)
defi niert wurde. Nach Meinung anderer wiederum, das
ist wahr, sind die Mayas Brahmagupta zuvorgekommen.
Schon zweihundert Jahre früher, heißt es, bezeichneten
die Mayas die Geburt des Universums als das Jahr null,
den ersten Tag jedes Monats bezeichneten sie mit einer
Null, und in den Berechnungen, bei denen eine Zahl fehlte,
setzten sie eine Null an die Leerstelle. Nun gut, doch
um diese Leerstelle zu füllen, benutzten die Mayas keineswegs
den Punkt, den die Griechen benutzt hätten. Sie
meißelten oder malten ein Männchen mit zurückgeworfenem
Kopf. Und dieses Männchen gibt zu vielen Zweifeln
Anlass, mein Herr oder meine Dame oder mein Weder
das Eine Noch das Andere. Daher muss ich Ihnen leider
mitteilen, dass in der Mathematikgeschichte neunundneunzig
von hundert Fachleuten dem Inder Brahmagupta
die Vaterschaft an der Null zuschreiben. Was »Tausendundeine
Nacht« betrifft , so frage ich mich, welche Lästerzunge
Ihnen hinterbracht hat, dass ich dieses entzückende
Werk nicht kenne. Als ich klein war, schlief ich im Bücherzimmer,
wissen Sie: So nannten meine geliebten und
mittellosen Eltern ein Wohnzimmerchen, das von auf Raten
erworbenen Büchern überquoll. Auf dem Regal über
dem winzigen Sofa, das ich Mein-Bett nannte, stand ein
dickes Buch mit einer schönen verschleierten Dame auf
dem Umschlag, die mich ansah. Eines Abends holte ich
es mir und … Meine Mutter war dagegen. Kaum hatte
sie es bemerkt, nahm sie es mir aus der Hand: »Das ist
nichts für Kinder!« Doch dann überlegte sie es sich noch
einmal und gab es mir zurück. »Lies nur, lies. Ist schon
recht.« So wurden die »Geschichten aus Tausendundeiner
Nacht« zu den Märchen meiner Kindheit und gehören
seitdem zu meinem Bücherschatz. Sie können sie in
meinem Haus in Florenz fi nden, in meinem Landhaus
in der Toskana, und hier in New York habe ich drei unterschiedliche
Ausgaben. Die dritte auf Französisch. Ich
habe sie letzten Sommer bei Ken Gloss gekauft , meinem
antiquarischen Buchhändler in Boston, zusammen mit
den »OEuvres Complètes« von Madame de La Fayette, gedruckt
1812 in Paris, und mit den »OEuvres Complètes«
von Molière, gedruckt 1799 ebenfalls in Paris. Es handelt
sich um die Ausgabe, die Hiard, der libraire-éditeur
de la Bibliothèque des Amis des Lettres, 1832 mit einem
Vorwort von Galland herausgegeben hat. Eine Ausgabe
in sieben Bänden, die ich hüte wie meinen Augapfel.
Doch ehrlich gesagt ist mir nicht danach, diese entzückenden
Märchen mit der »Ilias« und der »Odyssee«
von Homer zu vergleichen. Mir ist nicht danach, sie mit
den »Dialogen« Platons zu vergleichen, mit der »Äneis«
von Vergil, den »Bekenntnissen« des Heiligen Augustinus,
der »Göttlichen Komödie« von Dante Alighieri, den
Tragödien und Komödien von Shakespeare, mit Molière
und Rousseau und Goethe und Darwin und so weiter.
Das fi nde ich nicht seriös. Ende des Lächelns und letzte
Richtigstellung.
* * *
Ich lebe von meinen Büchern. Von dem, was ich schreibe.
Ich lebe von meinen Autorenrechten, und darauf bin
ich stolz. Meine Autorenrechte sind mir wichtig, auch
wenn die Prozente, die ein Autor für jedes verkauft e
Buch bekommt, sehr bescheiden sind. Geradezu lächerlich.
Ein Betrag, der besonders bei Taschenbuchausgaben
(bei Übersetzungen ist es noch schlimmer) nicht ausreicht,
um auch nur einen halben Bleistift bei einem der
Söhne Allahs zu erwerben, die beim Anbieten der Bleistift
e den Passanten auf den Bürgersteigen Europas auf
die Nerven gehen (und die noch nie etwas von »Tausendundeine
Nacht« gehört haben, wette ich). Meine Autorenrechte
will ich haben. Ich bekomme sie, und ohne sie
wäre übrigens ich es, die Bleistift e auf den Bürgersteigen
Europas feilbieten würde. Aber ich schreibe nicht
für Geld. Ich habe nie für Geld geschrieben, Nie! Nicht
einmal, als ich noch sehr jung war und dringend Geld
brauchte, um meine Familie zu unterstützen und mein
Medizinstudium an der Universität zu bezahlen, das damals
sehr teuer war. Mit siebzehn wurde ich als Lokalreporterin
bei einer Zeitung in Florenz angestellt. Und mit
ungefähr neunzehn wurde ich fristlos entlassen, weil ich
mich geweigert hatte, nach dem Prinzip des grässlichen
Wortes »Lohnschreiber« zu handeln. Tja. Man hatte mir
befohlen, einen verlogenen Artikel über die Veranstaltung
eines berühmten Politikers zu schreiben, dem gegenüber
ich, wohlgemerkt, eine tiefe Antipathie, ja sogar
Abneigung hegte (der Vorsitzende der Kommunistischen
Partei, Palmiro Togliatti). Ein Text, den ich wohlgemerkt
nicht einmal hätte unterschreiben müssen. Empört sagte