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Wo bleibt euer Protest?
« on: June 09, 2012, 09:06:27 am »
Wo bleibt euer Protest?

Von Tobias Kaufmann, 08.06.12, 12:27h
Wenn in Köln Rechtspopulisten irgendwo ein Schild hochhalten, leistet ein breites Bündnis von DGB bis BAP sofort Widerstand. Doch wenn Islamisten einen Kongress veranstalten, schweigt die Zivilgesellschaft. Warum eigentlich? Anstoß, der Kommentar.

Salafisten um den Prediger Pierre Vogel veranstalten in Köln am Samstag einen „Friedenskongress“, um für sich zu werben. Das ist ihr gutes Recht. Genauso wie es das gute Recht, ja sogar der Auftrag einer aufgeklärten, säkularen Stadtgesellschaft ist, Widerspruch gegen ein solches Treffen zu artikulieren. Gründe gäbe es genug. Pierre Vogel lehnt zwar Terroranschläge gegen Zivilisten und Ehrenmorde ab – aber die Interpretation seiner Religion ist fundamentalistisch, vormodern, am Rande dessen, was unsere Verfassung toleriert.

Juden und Christen, die vom Islam gehört haben und ihn trotzdem nicht annehmen, seien keine Gläubigen, und deshalb zum Schmoren in der Hölle verdammt, lehrt Vogel. Ehebrecherinnen zu steinigen, hält er zwar im nicht-islamischen Deutschland für falsch, aber in einem islamischen Staat gehört es für ihn nun mal dazu.

Eine Gesellschaft, in der die Salafisten nicht eine kleine Minderheit, sondern Staatsmacht sind, sähe völlig anders aus als das Köln, in dem die schwul-lesbische Community mit Unterstützung der Stadt jährlich eine Parade und ein Benefiz-Fußballturnier veranstaltet und in der eine der größten jüdischen Gemeinden der Republik sicher ist. In Ägypten haben die Salafisten als saudische Vorfeld-Organisation das Ziel, einen Gottesstaat zu errichten. Auch die Taliban oder diverse Al-Kaida-nahe Gruppen in Algerien, Syrien, Libyen und dem Libanon zählen Experten im engeren oder weiteren Sinne zu den salafistischen Strömungen.

Angst vor gewaltbereiten Islamisten?

Protest gegen den Kongress wird es am Samstag dennoch nur von Pro NRW geben, einer Gruppierung, die vorgibt, im Dienste von Aufklärung und Menschenrechten gegen den Islam zu sprechen. Dahinter steckt in Wahrheit Fremdenfeindlichkeit und eine pauschale Abneigung gegen Muslime. In der Methode, ihre Absichten zu verbrämen, sind Salafisten und Rechtspopulisten sich sehr ähnlich. Warum also überlässt die Stadtgesellschaft den Widerspruch gegen die islamistische Sekte den Moslemhassern?

Vielleicht aus Angst? In Bonn griff im Mai ein tobender islamistischer Mob die Polizei mit Holzlatten an, ein Mann zückte ein Messer und verletzte zwei Beamte schwer. In Solingen schlugen zwei Salafisten zwei Antifa-Aktivisten ebenfalls mit Dachlatten zusammen. Aber wäre das nicht erst recht ein Grund, gemeinsam, in einem breiten Bündnis, den Salafisten zu zeigen, dass sie ihre Ideologie bitte für sich behalten sollen, statt für sie öffentlich zu werben?

Sorge vor Beifall von der falschen Seite ist ein oft gebrauchtes, aber unsinniges Argument. Man kann sehr gut und für jeden nachvollziehbar gegen fremdenfeindliche Propaganda von Rechtsaußen und demokratiefeindliche Propaganda von Islamisten zugleich demonstrieren. In Hamburg und Frankfurt haben Politiker der Grünen gegen Veranstaltungen von Salafisten Stellung bezogen. In Köln aber hört man nichts.

Splittergruppen können wachsen

Der Grund dafür könnte sein, dass in dieser Stadt viele derjenigen, die für den so genannten zivilgesellschaftlichen Protest verantwortlich sind, mit einem zugekniffenen Auge durch die Welt laufen. Sie haben es sich in einem überkommenen, links geprägten Antifaschismus bequem gemacht und keine Antenne für den politischen Islam, jene dritte, große totalitäre Bewegung nach Nationalsozialismus und Kommunismus.

Gewaltbereite Salafisten seien eine Splittergruppe, sie haben „mit den Muslimen in Deutschland nichts zu tun“, teilte Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, kürzlich mit. Diese Aussage ist symptomatisch. Denn auch gewaltbereite Anhänger von Pro NRW sind eine Splittergruppe. Bei der Landtagswahl im Mai erreichten die Partei gerade mal 1,5 Prozent der Stimmen. Wenn aber in Köln auch nur fünf Pro-Köln-Vertreter irgendwo ein Schild hochhalten, ruft sofort ein breites Bündnis zum Widerstand auf- Grüne, Linke, SPD, Antifa, Kirchen, Gewerkschaften und Kölsch-Rocker kriegen „den Arsch huh“ gegen Rassismus und Intoleranz. Denn allen ist klar, dass Splittergruppen wachsen können – nicht umsonst gilt die Parole „Wehret den Anfängen“.

Wenn aber islamische Fundamentalisten in Köln einen Kongress veranstalten, um Muslime und Nicht-Muslime von ihrem Glauben zu überzeugen, dann hört man nichts von der Linken, vom DGB, von den Kirchen, von BAP. Mehr noch: Es entsteht der Eindruck, das tolerante Köln würde im Zweifel gemeinsam mit Islamisten gegen Rechts demonstrieren. Das ist ein fatales Signal.

http://www.ksta.de/html/artikel/1338997247682.shtml

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