In einer Vielzahl von Fällen macht es sich der Angeklagte dazu zunutze,
dass durch die Förderung der Beschäftigung schwer vermittelbarer
Arbeitnehmer seitens der Bundesagentur für Arbeit durch eine 50 bzw. 70
% des Bruttolohns betragenden Zuschuss in Kombination mit der von
Einrichtungen des Landes Berlin vorgenommenen ergänzenden
Förderung der Integration ausländischer Menschen dienender Projekte
durch die Zahlung eines weiteren Lohnanteils die Beschäftigung von
Arbeitnehmern mit nur geringer eigener finanzieller Beteiligung der als
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Arbeitgeber auftretenden Vereine oder ganz ohne eine solche möglich
war.
Bei der Verfolgung des Plans, im Interesse der islamischen Vereine und
der durch sie betriebenen Errichtung der genannten Moschee- und
Kulturhausprojekte in möglichst großem Maßstab Fördermittel in
Anspruch zu nehmen, kam dem Angeklagten zugute, dass die
Fördereinrichtung es in einer Vielzahl von Fällen unterließen, (...).“.
Diesem im Rahmen des Strafverfahrens rechtskräftig festgestellten und zur
Grundlage der Verurteilung des Klägers gewordenem Sachverhalt wird der oben
genannte Forenbeitrag aus den dargestellten Gründen nicht gerecht.
Der Kläger verkennt dabei nicht, dass er wegen Begehung von Straftaten
verurteilt wurde. Es stellt jedoch einen erheblichen qualitativen Unterschied dar,
ob er diese ausweislich des Strafurteils zu seinem eigenen Vorteil beging oder
nicht. Gleichsam ist von erheblichem Gewicht, ob Leidtragende seiner Tat ihm
persönlich bekannte oder gar vertraute Personen gewesen sein sollen, oder aber
der Staat als relativ abstrakte Rechtspersönlichkeit.
2.
Weiter ist in den "ad-hoc-news" und damit durch Zitierung innerhalb des vom
Beklagten veröffentlichten Forenbeitrages zu lesen:
"Der Betrugsprozess gegen den Präsidenten der Islamischen Föderation
Berlin, Abdurrahim Varul, ist am Dienstag noch vor Verlesung der
Anklageschrift vor dem Landgericht Berlin vertagt worden. Hintergrund
seien mehrere Ablehnungsanträge des Angeklagten gegen zwei Richter
der zuständigen Strafkammer, teilte eine Justizsprecherin mit. Dem 39-
Jährigen wird vorgeworfen, für den Islam-Verein sowie für die Islamische
Föderation Berlin von März 2001 bis Juli 2006 öffentliche Fördermittel von
insgesamt 1,2 Millionen Euro zu Unrecht beantragt und einen Großteil der
gezahlten Gelder pflichtwidrig verwendet zu haben."
Aus diesem Forenbeitrag schließt der Leser abermals, dass sich der Kläger
persönlich bereichert hat und der islamischen Gemeinde damit Geld vorenthielt,
welches eigentlich für diese bestimmt war. Dies ist - wie oben bereits ausgeführt -
nicht der Fall. Der Forenbeitrag ist also falsch. Die Folgen dieser Behauptung
sind dieselben wie bereits die oben unter Ziffer 1. dargestellten.
- 9 -
Zudem sind aber auch die in dem Beitrag genannten Zahlen falsch. So betrug
der Vermögensschaden, wegen welchem der Kläger ausweislich vorbenannten
Urteils verurteilt wurde, gerade einen Bruchteil der hier genannten Werte von
830.000,00 respektive 1.200.000,00 €, nämlich rund 160.000,00 €, wobei der
Kläger – unbeachtlich der Tatsache, dass er sich tatsächlich nicht strafbar
machte – freiwillig einen Betrag in Höhe von 50.000,00 € als Schadensausgleich
zahlte.
Beweis: 1.Urteil des Landgerichts Berlin zu Aktenzeichen
(501)5 WiJs 2316/06 KLS(28/07) vom 21. Dezember 2007,
auszugsweise vorgelegt als Anlage K 3
(die ersten 3 Seiten, Seite 15-21 und Seite 88)
2. Beziehung der Akten des Landgerichts Berlin zum
Aktenzeichen (501)5 Wi Js 2316/06 KLS(28/07)
II.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten in Analogie zu §§ 823 Abs. 1 und 2, 862,
1004 BGB wegen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht sowie sein
Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Unterlassungsanspruch zu (vgl.
BVerfG, ZOM-RD 6/03; BGH, NJW 1997, 1149; 1984, 1886; 1954, 1504).
Die Namensnennung des Klägers in der gegnerischen Berichterstattung sowie
die Nennung anderer identifizierender Merkmale, wie dasjenige der Position,
welche der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat bei der IFB innehatte, wirken im
Zusammenhang mit der Berichterstattung über Straftaten ohne Zweifel
beeinträchtigend. Ist bei einer aktuellen Berichterstattung über begangene
Straftaten ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit jedenfalls dann zu bejahen,
wenn die Straftat von besonderer Bedeutung ist, ein intensiver Tatverdacht und
die Tat ein erhebliches Aufsehen erregt haben (vgl. BGH, NJW 2000, 1036; ZOM
2000, 397 ff., 399 ff.), gelten nach der Verurteilung eines Straftäters die
Grundsätze des Lebach-Urteils (BVerfG, NJW 1973, 1226 ff.; 1993, 1464; OLG
München, AFP 1981, 360; OLG Hamburg, AFP 1991, 538). Demnach ist
anzuerkennen, dass das Informationsinteresse zwar auch die Hintergründe der
Tat umfasst, jedoch zeitlich begrenzt ist, vor allem durch das
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Resozialisierungsinteresse (vgl. BVerfG, NJW 1993, 1464; NJW 1973, 1226).
Deshalb erfordert die namentliche Erwähnung von Straftätern erhebliche Zeit
nach der Tat eine Abwägung zwischen der grundrechtlich geschützten Freiheit
der Berichterstattung aus Art. 5 Abs. 1 GG und den ebenfalls grundrechtlich
geschützten Interessen aus dem Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 1 Abs. 1; 2 GG
(BVerfG, NJW 2000, 1589). Insoweit ist festzustellen, dass die Namensnennung
unstatthaft ist, wenn entweder die Straftat ihre Aktualität verloren hat oder wenn
der Hinweis, der Täter sei an der Tat beteiligt gewesen, der Öffentlichkeit nichts
mehr bedeutet (OLG München, AFP 1981, 360; OLG Hamburg, AFP 1994, 439;
OLG Köln, AFP 1986, 347; OLG Hamm, AFP 1985, 218). So ist selbst dann dem
Resozialisierungsinteresse einer Person der Vorzug einzuräumen, wenn drei
Jahre nach ihrer eigenen Verurteilung ein weiterer Tatbeteiligter gefasst wird
(OLG Hamburg, AFP 1988, 258). Hat der Täter die Strafe bereits verbüßt, so ist
die Nennung des Namens nur in berechtigten Ausnahmefällen (denkbar etwa bei
kriminologischen Abhandlungen über besondere Straftaten) zulässig (vgl. OLG
München, ArchPR 1974, 95 f.; AFP 1981, 361).
Nach diesen Kriterien fällt die durchzuführende Interessenabwägung für den
Beklagten negativ aus. Ein Interesse der Öffentlichkeit, auch heute noch den
Namen oder personenidentifizierende Merkmale über den Kläger im
Zusammenhang mit dessen Tat zu lesen, besteht nicht. Der Kläger ist nach
Verbüßung seiner Haftstrafe keine relative Person der Zeitgeschichte mehr. Dies
bestätigt der Beklagte auch selbst, indem die Berichterstattung über den Kläger
unter der Rubrik „Plauderecke“ erfolgt. Stellt sich der Inhalt der Information
hiernach als bloßer Klatsch und Tratsch dar, welcher lediglich zur Befriedigung
reiner Unterhaltungsinteressen, bloßer Neugier oder der Sensationslust der
Leserschaft vorgenommen wird, besteht ein ausreichendes
Informationsinteresse, das den Schutz der Privatsphäre überwiegt, nicht (BVerfG,
NJW 2000, 2190; 2000, 1021; 1973, 1224; BGH, NJW 1996, 1130; GRUR 1974,
794, 796; OLG Hamburg, AFP 1992, 377; OLG Düsseldorf, AFP 1990, 305).
Vorliegend verhält es sich sogar so, dass die Berichterstattung offensichtlich nur
dazu dient, einen Vorwand für beleidigende und volksverhetzende
Stellungnahmen zu liefern, wie die auf die angegriffene Veröffentlichung
bezogenen Meinungsäußerungen anderer Forenmitglieder zeigen. Verwiesen
- 11 -
werden kann beispielsweise auf die Ausführungen einer unter dem Synonym
„Freiheitskämpfer“ schreibenden Person, welche erklärt:
„Der Vural war doch derjenige, der zur Wendezeit für seine Islamische
Religionsgemeinschaft, die sich rechtswidrig noch immer KdöR nennt, 75
Mio von der SED geschenkt und dazu noch einen Kredit erhalten hatte.
Warum der erst jetzt hinter Gitter kam, erschließt sich mir nicht.
Und so was gibt Reli-Unterricht!“
und
„Der Vural steckte schon immer dahinter. Die anderen Pfeifen waren nur
Strohmänner, die dann den Kopf hinhalten mussten als der Betrug
aufflog. Der war von Anfang an der Boss der sog. ‚islamischen
Religionsgemeinschaft’, die hinter dem Ganzen steckte. Ich frage mich
nur, was er den SED-Bonzen versprochen hat, damit sie ihm ihr
Schwarzgeld übertrugen.“
und dessen angeführten Zitate sogenannter „kluger Köpfe“ wie
„- Der Islam ist eine kollektive Zwangsneurose.
- Islam ist ein organisiertes Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
oder auf die Ausführungen der unter dem Synonym „Michael Collins“ handelnden
Person, die dem Beklagten einfach nur vorwirft, „viel Geld zu erhalten“, sodann
grüßt mit „Gott mit uns“ und dem Zitat
„Es gibt nur zwei Rassen: die anständigen und die unanständigen“,
wobei der Autor sich offensichtlich zu der anständigen, christlichen Rasse
zugehörig fühlt, während die unanständigen muslimischen Glaubens sind.
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Als Vorlage für eine derartige Schmähkritik braucht sich der Kläger nicht
hergeben. Er hat - rund sieben Jahre nach der Tat - seine Haftstrafe vollständig
verbüßt.
Indem der Beklagte den Beitrag gleichwohl noch nach vollständiger
Haftverbüßung eingestellt lässt, gefährdet er die Resozialisierung des Klägers,
da dieser durch die Berichterstattung nicht nur immer wieder als Straftäter in die
Öffentlichkeit gezerrt wird, sondern über die Straftat auch so berichtet wird, als ob
der Kläger diese zu Lasten derjenigen begangen habe, die ihm vertrauten und
ihm hierwegen auch Vermögen zur Verwaltung und Mehrung anvertrauten. Der
Kläger, dessen Leben und Wirken innerhalb der islamischen Gemeinde
Deutschlands umfassend bekannt wurde, muss hierwegen nunmehr erleben, wie
er aufgrund falscher Berichterstattung über seine Person als Verräter an der
eigenen Sache gebranntmarkt wird. Überall dort, wo er im Privaten oder auch in
der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt, haftet ihm das Stigma an, seine eigenen
Glaubensbrüder betrogen zu haben. Zudem behindert der Beklagte eine
erfolgreiche Resozialisierung des Klägers auch insoweit, als die Wiedergabe der
beanstandeten Passagen dem Kläger sein zukünftiges berufliches Fortkommen
erheblich erschwert. Dem Kläger, welcher gelernter Volljurist ist, wird es durch
eine derartige Berichterstattung unmöglich gemacht, seinen Beruf auszuüben.
Kein Arbeitgeber und kein Mandant, welcher die gegnerischen Zeilen zur
Kenntnis nimmt, wird mit dem Kläger zusammenarbeiten wollen, denn bei einer
solcherart falschen Berichterstattung kann sich ein Vertrauensverhältnis -
unabdingbare Voraussetzung für rechtsberatende Berufe - nicht entwickeln.
Soweit die zitierte Presseberichterstattung zudem falsch ist, ergibt sich das
Abwehrinteresse des Klägers von selbst. An der Aufrechterhaltung einer falschen
Behauptung besteht nämlich kein schützwürdiges Informationsinteresse (BGH,
NJW 1977, 1681; vgl. BVerfG, NJW 1980, 2073; BVerfGE 12, 113; OLG
Frankfurt, NJW 1980, 50).
III.
Der Beklagte ist als Domaininhaber und administrativer Ansprechpartner
(sogenannter Admin-C) für die Inhalte auf der in seinem Eigentum stehenden und
- 13 -
von ihm verwalteten Internetseite
www.islam-deutschland.info verantwortlich und
damit passivlegitimiert. Seine Verantwortung ergibt sich insbesondere aus den
besonderen Bedingungen für die Registrierung von Info-Domains (Anlage K 4),
welche er mit der zuständigen Domainvergabestelle, der Firma Afilias Global
Registry Services, vereinbart hat.
Die Haftung des Beklagten ergibt sich insbesondere auch daraus, dass ihn der
Kläger mit Schreiben vom 24. Juni 2009, versandt per E-Mail, normaler Post
sowie Einschreiben/Rückschein, abgemahnt hat.
Beweis: 1. Abmahnschreiben der Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom
24. Juni 2009, Anlage K 5,
2. E-Mail-Schreiben der Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom
24. Juni 2009, Anlage K 6,
3. Einschreiben/Rückschein mit Zugangsvermerk vom
10. Juli 2009, Anlage K 7
Abschließend bleibt anzumerken, dass der Beklagte auf das Abmahnschreiben
des Klägers nicht reagierte, die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe hiernach
erforderlich ist.
Beglaubigte und einfache Abschrift anbei.
Reinhardt, Rechtsanwalt
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http://www.islamischereligionsgemeinschaft.org/PDF/Klage-Abdurrahim-Vural-gegen-Andreas-Widmann.pdf